Vanishing-Twin-Syndrom??
am Montag, 2. Februar 2009, 01:15 im Topic 'Mal drueber nachgedacht'
Warum bin ich, wie ich bin? Eine Frage, die ich mir schon immer von Zeit zu Zeit gestellt habe, die dann aber irgendwann ungelöst beiseite geschoben wurde, bis sie schließlich wieder auftauchte. Grad so in den letzten Wochen war es dann wieder soweit. Ist irgendwann einmal etwas passiert, dass mich so hat werden lassen und ich weiß es einfach nicht mehr. Klar, da gab es die Sache mit meinem Lehrer in der dritten/vierten Klasse, was für ein Sensibelchen wie mich schon ziemlich hart war, aber das allein kann es kaum sein. Selbst meine Therapeutin meinte zu mir: „Wer hat Ihnen das eingegeben, dass sie immer die Beste sein müssen um geliebt zu werde? Warum setzen Sie sich so unter Druck?“ Eine Antwort hatte ich darauf nicht. Also hab ich mich hingesetzt und darüber nachgedacht. Etwas, das ich scheinbar sehr gerne mache und wohl auch einer der Gründe, warum ich immer wieder auf so seltsame Gedanken komme.
So saß ich also da und überlegte, wann genau das angefangen hat. Wirklich befriedigend war die Antwort nicht, die ich mir geben konnte. Die Antwort ist nämlich: Ich war schon immer so! Natürlich wird niemand mit nem „Sprung in der Schüssel“ geboren, oder doch? Also ich kanns mir nicht so ganz vorstellen. Aber bei mir war eigentlich immer so ein Gefühl alleine zu sein, egal wie viele Menschen um mich herum waren (mal davon abgesehen, dass meine Eltern durch meine Geburt anbauen mussten und ich mich dadurch schon als Kleinkind sehr häufig mit mir selbst beschäftigen musste). Es war einfach so, dass es mir immer irgendwie so vorkam, als würde etwas wichtiges fehlen, etwas, dass man mit dem Verstand einfach nicht greifen kann. Da ist nur so ein unbestimmtes Gefühl das einfach nicht weggehen will. Dazu kommen furchtbare Verlustängste bei den Menschen die ich lieb gewonnen habe (was wohl aus diesem Grund auch nicht so häufig passiert). Ich habe schreckliche Angst davor diese Menschen wieder zu verlieren. Dass sie einfach gehen und mich allein zurücklassen. Vielleicht ist das auch mit ein Grund, warum sich das Verhältnis zu meinem Bruder sich so verändert hat. Er ist einfach weggegangen. Tja, aber warum ist das so? Vielleicht ist diese Frage sogar der Weg zur Wurzel des Problems Josephine, denn wie gesagt ist das schon immer dagewesen.
Nachdem ich auf diese Frage gestoßen bin habe ich versucht auch das genauer zu ergründen. Hat irgendwann mal irgendwer etwas gesagt, das mir weiterhelfen könnte? (Wenn ich auch sonst bisher keine Auswirkungen der Therapie bemerkt habe, so doch die, dass ich ziemlich viel über mich und die vergangenen Geschehnisse nachgrüble) Und tatsächlich ist mir etwas eingefallen. Ein Scherz, der früher immer gemacht wurde, weil ich als Kind schon etwas kräftiger war. In diesem Scherz ging es darum, dass ich schon als Embryo wohl einen gehörigen Appetit gehabt hätte und deshalb meine Zwilling gefuttert hätte. Als Kind denkt man darüber nicht weiter nach, also ich hab nicht weiter darüber nachgedacht und habe es einfach als Scherz abgetan. Letztes Jahr dann fiel mir diese Geschichte wieder ein und ließ mir keine Ruhe, also habe ich bei nachgehakt, und zwar direkt an der Quelle, meine Mutter, die musste es schließlich wissen. Was sie mir da erzählte hat mich, gelinde gesagt, ziemlich aus der Bahn geworfen. Anscheinend war ich wirklich ein Zwilling, allerdings war nicht meine Verfressenheit am Verschwinden des Anderen im dritten Monat der Schwangerschaft Schuld, sondern die Aufregung um den Tod meiner Tante. Ja, ich selbst wäre dabei wohl auch fast drauf gegangen, wie ich jetzt mitbekommen habe. Natürlich hat mich das neugierig gemacht. Könnte diese Sache, die ja in einer Zeit geschehen ist, in der ich noch nicht mal das Licht der Welt erblickt hatte, einen solchen Einfluss auf mich haben? Kommt daher das Gefühl, das etwas fehlt? Suche ich einen Zwilling, den es nicht gibt?
Ich habe dann ein wenig im Internet gestöbert und stieß auf das Schlagwort „Vanishing Twin“ – Der verschwundene Zwilling. Viel scheint darüber noch nicht bekannt zu sein, aber einige Psychotherapeuten sind doch der Meinung, dass so etwas Einfluss auf das Leben eines Menschen haben kann. In einem Passus heißt es beispielsweise: „Sind Zwillinge in der Gebärmutter und einer stirbt, ist es für den Überlebenden ein gewaltiger Schock, der später nicht mehr bewusst ist. Ein Loch bleibt in der Seele zurück. Quälende Sehnsucht, Einsamkeit und unerklärliche Schuldgefühle können beispielsweise die Folge dieses frühen Verlustes sein. Der verlorene Zwilling wird überall gesucht.“
Ich weiß nicht, ob das wirklich auf mich zutrifft, oder ob ich einfach nur meine eine Erklärung gefunden zu haben und mich jetzt daran klammere. Es fühlt sich jedenfalls sehr seltsam an darüber nachzudenken, dass es da eventuell jemanden gab. Wirklich sehr seltsam... und ich weiß nicht was ich davon jetzt halten soll.
OK, ich denke so langsam habe ich genug Seelenleben breitgetreten...
So saß ich also da und überlegte, wann genau das angefangen hat. Wirklich befriedigend war die Antwort nicht, die ich mir geben konnte. Die Antwort ist nämlich: Ich war schon immer so! Natürlich wird niemand mit nem „Sprung in der Schüssel“ geboren, oder doch? Also ich kanns mir nicht so ganz vorstellen. Aber bei mir war eigentlich immer so ein Gefühl alleine zu sein, egal wie viele Menschen um mich herum waren (mal davon abgesehen, dass meine Eltern durch meine Geburt anbauen mussten und ich mich dadurch schon als Kleinkind sehr häufig mit mir selbst beschäftigen musste). Es war einfach so, dass es mir immer irgendwie so vorkam, als würde etwas wichtiges fehlen, etwas, dass man mit dem Verstand einfach nicht greifen kann. Da ist nur so ein unbestimmtes Gefühl das einfach nicht weggehen will. Dazu kommen furchtbare Verlustängste bei den Menschen die ich lieb gewonnen habe (was wohl aus diesem Grund auch nicht so häufig passiert). Ich habe schreckliche Angst davor diese Menschen wieder zu verlieren. Dass sie einfach gehen und mich allein zurücklassen. Vielleicht ist das auch mit ein Grund, warum sich das Verhältnis zu meinem Bruder sich so verändert hat. Er ist einfach weggegangen. Tja, aber warum ist das so? Vielleicht ist diese Frage sogar der Weg zur Wurzel des Problems Josephine, denn wie gesagt ist das schon immer dagewesen.
Nachdem ich auf diese Frage gestoßen bin habe ich versucht auch das genauer zu ergründen. Hat irgendwann mal irgendwer etwas gesagt, das mir weiterhelfen könnte? (Wenn ich auch sonst bisher keine Auswirkungen der Therapie bemerkt habe, so doch die, dass ich ziemlich viel über mich und die vergangenen Geschehnisse nachgrüble) Und tatsächlich ist mir etwas eingefallen. Ein Scherz, der früher immer gemacht wurde, weil ich als Kind schon etwas kräftiger war. In diesem Scherz ging es darum, dass ich schon als Embryo wohl einen gehörigen Appetit gehabt hätte und deshalb meine Zwilling gefuttert hätte. Als Kind denkt man darüber nicht weiter nach, also ich hab nicht weiter darüber nachgedacht und habe es einfach als Scherz abgetan. Letztes Jahr dann fiel mir diese Geschichte wieder ein und ließ mir keine Ruhe, also habe ich bei nachgehakt, und zwar direkt an der Quelle, meine Mutter, die musste es schließlich wissen. Was sie mir da erzählte hat mich, gelinde gesagt, ziemlich aus der Bahn geworfen. Anscheinend war ich wirklich ein Zwilling, allerdings war nicht meine Verfressenheit am Verschwinden des Anderen im dritten Monat der Schwangerschaft Schuld, sondern die Aufregung um den Tod meiner Tante. Ja, ich selbst wäre dabei wohl auch fast drauf gegangen, wie ich jetzt mitbekommen habe. Natürlich hat mich das neugierig gemacht. Könnte diese Sache, die ja in einer Zeit geschehen ist, in der ich noch nicht mal das Licht der Welt erblickt hatte, einen solchen Einfluss auf mich haben? Kommt daher das Gefühl, das etwas fehlt? Suche ich einen Zwilling, den es nicht gibt?
Ich habe dann ein wenig im Internet gestöbert und stieß auf das Schlagwort „Vanishing Twin“ – Der verschwundene Zwilling. Viel scheint darüber noch nicht bekannt zu sein, aber einige Psychotherapeuten sind doch der Meinung, dass so etwas Einfluss auf das Leben eines Menschen haben kann. In einem Passus heißt es beispielsweise: „Sind Zwillinge in der Gebärmutter und einer stirbt, ist es für den Überlebenden ein gewaltiger Schock, der später nicht mehr bewusst ist. Ein Loch bleibt in der Seele zurück. Quälende Sehnsucht, Einsamkeit und unerklärliche Schuldgefühle können beispielsweise die Folge dieses frühen Verlustes sein. Der verlorene Zwilling wird überall gesucht.“
Ich weiß nicht, ob das wirklich auf mich zutrifft, oder ob ich einfach nur meine eine Erklärung gefunden zu haben und mich jetzt daran klammere. Es fühlt sich jedenfalls sehr seltsam an darüber nachzudenken, dass es da eventuell jemanden gab. Wirklich sehr seltsam... und ich weiß nicht was ich davon jetzt halten soll.
OK, ich denke so langsam habe ich genug Seelenleben breitgetreten...
jeque,
Montag, 2. Februar 2009, 23:41
Wow. Das ist wirklich interessant! Direkt faszinierend *staun* Also... ich hab schon oft von Leuten gehört, die der Meinung sind, dass ihnen im Leben irgendwas fehlt - vermehrt hab ich das von Drogenabhängigen gehört, die "das Loch" halt mit irgendwas stopfen wollten, nur halt auf die falscheste Art und Weise, die man sich denken kann.
Aber das mit dem Spruch aus der Grundschulzeit und dass du tatsächlich konkret darüber nachgedacht hast, und das am Ende auch noch stimmte - boah! Das ist total krass! Und schrecklich! Weil ich mir das als ganz fürchterlich vorstelle. Ich meine... okay, du hast jetzt die Gewissheit, dass es da mal wen gegeben hat (es gibt ja haufenweise Zwillingsforschungen, die allesamt hochinteressant sind), und selbst wenn diese "Vanishing Twin"-Geschichte mehr oder minder nur ne These ist... ich bin schon jetzt überzeugt davon. Gibt ja schließlich genügend Geschichten von Zwillingen, die nach der Geburt getrennt worden sind, auch sie hatten stets das gefühl, dass irgendwas fehlt, und irgendwann treffen die sich tatsächlich mal und stellen fest, dass man den einen Lebenslauf problemlos wie ne Blaupause über den anderen legen könnte.
Als ich anfing, deinen aktuellen Beitrag zu lesen, kam mir zuerst das Buch "Das Drama des begabten Kindes" von Alice Miller in den Sinn, ein sehr lesenswertes Buch, das ich dir zuerst empfehlen wollte, aber nach dieser Zwillingsgeschichte weiß ich nicht, ob das noch großartig Sinn machen würde. Mir ist das Buch vor einiger Zeit mal ans Herz gelegt worden, ein/zwei Jahre später hab ich´s tatsächlich gelesen und dachte: Hauerha. Was man alles bei der Kindeserziehung falsch machen kann. Wenn´s nach dem Buch geht, ist es fast unmöglich, ein Kind ohne Schaden groß zu kriegen, jedenfalls ist das mein Eindruck, nixdestotrotz ist das ein Superbuch, auch wenn mein Mitbewohner sagt, dass das Ding nach neuestem pädagogischen Standart überholt ist - ich hab mich trotzdem erschreckend oft darin wieder gefunden.
Du hast geschrieben, dass du dich im Kleinkindalter häufig mit dir selbst beschäftigt hast, daher dachte ich an das Buch, weil´s bei mir genauso gewesen ist. Ich erinnere mich an Erzählungen von meiner Mum, mit Anfang/Mitte zwanzig hatte sie schon zwei Kinder an der Backe, gewollt, wie sie behauptet, glauben kann ich´s bis heute nicht, aber egal, jedenfalls gab sie früher sehr gern mit mir an, weil ich schon so früh selbstständig gewesen bin. "ich möchte heute so gerne tanzen gehen, darf ich?" hat sie mich früher angeblich gefragt, ich sagte natürlich "Na klar!", und so hab ich als Fünfjährige bereits auf meinen kleinen Bruder aufgepasst, während meine Mum auf die Piste ging und ab und an mit irgendwelchen Kerlen nach hause kam, daran erinnere ich mich allerdings nicht mehr, meine Oma meinte nur mal, dass ich ihr als kleines kind mal gesagt hätte: "Weisste was? Bei Mama lag ein Mann im Bett." Keine Ahnung, ob da was dran ist, aber ich erinnere mich sowieso nur noch schemenhaft an meine Kindheit.
Deswegen freute ich mich so über die Bestätigung durch Alice Miller, aber die kann ich jetzt ja eigentlich auch vergessen, weil: Angeblich überholt.
Vor sechs Jahren, als ich mich zum ersten Mal wegen Depressionen und so weiter in Behandlung begeben habe, fragte mich meine Therapeutin: "Und, bist du früher, wenn du Angst gehabt hast oder so, zu deinen Eltern ins Bett gekrabbelt?"
Meine Antwort: "QUatsch, sind Sie verrückt?!"
Das Elternschlafzimmer war absolute tabuzone. Ich weiß bis heute nicht wieso. Ich weiß noch, dass ich ewig gebraucht habe, bis ich mich getraut habe, da mal anzuklopfen, wenn ich vor der Schule irgendwas dringend brauchte. Ich hab mir vor Angst fast in die Hose gemacht, so´n Schiss hab ich gehabt, die Eltern im Schlafzimmer bei wasauchimmer zu stören. Keine Ahnung, wovor ich so ne Angst gehabt habe. Aber ich bin nie, wenn ich nachts nen Albtraum hatte oder so, zu meiner Mutter ins Bett gekrabbelt.
Meine Therapeutin war darüber total entsetzt. Was ich natürlich überhaupt nicht nachvollziehen konnte. Aber wie du schon geschrieben hast - man macht sich halt so seine Gedanken. Blöd nur, dass ich auf keinen nenner komme, weil ich einfach nichts Konkretes aus der Zeit weiß. Nur Bruchstücke, mit denen kein Mensch was anfangen kann. Toll.
Es klingt jetzt hochgradig anmaßend, aber ich bin fast ein bisschen neidisch auf dich. Weil du etwas einigermaßen handfestes hast, denn es gab diesen Zwillng ja wirklich. Und wie gesagt: Ich bin jetzt schon überzeugt von der These. Da ist mit Sicherheit was dran. Vielleicht ist das nicht unbedingt die Wurzel allen Übels, aber hey, dir wurde im entscheidenen Moment deiner Entwicklung ein Großteil deines Fundaments, deines Ichs, weggerissen. So sehe ich das jedenfalls.
Wiesnich... vielleicht... solltest du deinem Zwilling einen Brief schreiben. So als würde es ihn noch geben. Vielleicht hilft dir das ein bisschen. Einfach deinem fehlendem Ich, das dir durch tragische Umstände abhanden gekommen ist, sagen, was du schon immer sagen wolltest. Vielleicht verrät dir das ein bisschen was über dich selbst.
Ich würde mich sehr freuen, wenn du diesen Brief hier reinstellen würdest. Dann muss ich bestimmt heulen, aber das macht nix ;-) Ich bin sicher, dass du ne Menge zu sagen hättest.
Alles, alles Gute!
Yve
Aber das mit dem Spruch aus der Grundschulzeit und dass du tatsächlich konkret darüber nachgedacht hast, und das am Ende auch noch stimmte - boah! Das ist total krass! Und schrecklich! Weil ich mir das als ganz fürchterlich vorstelle. Ich meine... okay, du hast jetzt die Gewissheit, dass es da mal wen gegeben hat (es gibt ja haufenweise Zwillingsforschungen, die allesamt hochinteressant sind), und selbst wenn diese "Vanishing Twin"-Geschichte mehr oder minder nur ne These ist... ich bin schon jetzt überzeugt davon. Gibt ja schließlich genügend Geschichten von Zwillingen, die nach der Geburt getrennt worden sind, auch sie hatten stets das gefühl, dass irgendwas fehlt, und irgendwann treffen die sich tatsächlich mal und stellen fest, dass man den einen Lebenslauf problemlos wie ne Blaupause über den anderen legen könnte.
Als ich anfing, deinen aktuellen Beitrag zu lesen, kam mir zuerst das Buch "Das Drama des begabten Kindes" von Alice Miller in den Sinn, ein sehr lesenswertes Buch, das ich dir zuerst empfehlen wollte, aber nach dieser Zwillingsgeschichte weiß ich nicht, ob das noch großartig Sinn machen würde. Mir ist das Buch vor einiger Zeit mal ans Herz gelegt worden, ein/zwei Jahre später hab ich´s tatsächlich gelesen und dachte: Hauerha. Was man alles bei der Kindeserziehung falsch machen kann. Wenn´s nach dem Buch geht, ist es fast unmöglich, ein Kind ohne Schaden groß zu kriegen, jedenfalls ist das mein Eindruck, nixdestotrotz ist das ein Superbuch, auch wenn mein Mitbewohner sagt, dass das Ding nach neuestem pädagogischen Standart überholt ist - ich hab mich trotzdem erschreckend oft darin wieder gefunden.
Du hast geschrieben, dass du dich im Kleinkindalter häufig mit dir selbst beschäftigt hast, daher dachte ich an das Buch, weil´s bei mir genauso gewesen ist. Ich erinnere mich an Erzählungen von meiner Mum, mit Anfang/Mitte zwanzig hatte sie schon zwei Kinder an der Backe, gewollt, wie sie behauptet, glauben kann ich´s bis heute nicht, aber egal, jedenfalls gab sie früher sehr gern mit mir an, weil ich schon so früh selbstständig gewesen bin. "ich möchte heute so gerne tanzen gehen, darf ich?" hat sie mich früher angeblich gefragt, ich sagte natürlich "Na klar!", und so hab ich als Fünfjährige bereits auf meinen kleinen Bruder aufgepasst, während meine Mum auf die Piste ging und ab und an mit irgendwelchen Kerlen nach hause kam, daran erinnere ich mich allerdings nicht mehr, meine Oma meinte nur mal, dass ich ihr als kleines kind mal gesagt hätte: "Weisste was? Bei Mama lag ein Mann im Bett." Keine Ahnung, ob da was dran ist, aber ich erinnere mich sowieso nur noch schemenhaft an meine Kindheit.
Deswegen freute ich mich so über die Bestätigung durch Alice Miller, aber die kann ich jetzt ja eigentlich auch vergessen, weil: Angeblich überholt.
Vor sechs Jahren, als ich mich zum ersten Mal wegen Depressionen und so weiter in Behandlung begeben habe, fragte mich meine Therapeutin: "Und, bist du früher, wenn du Angst gehabt hast oder so, zu deinen Eltern ins Bett gekrabbelt?"
Meine Antwort: "QUatsch, sind Sie verrückt?!"
Das Elternschlafzimmer war absolute tabuzone. Ich weiß bis heute nicht wieso. Ich weiß noch, dass ich ewig gebraucht habe, bis ich mich getraut habe, da mal anzuklopfen, wenn ich vor der Schule irgendwas dringend brauchte. Ich hab mir vor Angst fast in die Hose gemacht, so´n Schiss hab ich gehabt, die Eltern im Schlafzimmer bei wasauchimmer zu stören. Keine Ahnung, wovor ich so ne Angst gehabt habe. Aber ich bin nie, wenn ich nachts nen Albtraum hatte oder so, zu meiner Mutter ins Bett gekrabbelt.
Meine Therapeutin war darüber total entsetzt. Was ich natürlich überhaupt nicht nachvollziehen konnte. Aber wie du schon geschrieben hast - man macht sich halt so seine Gedanken. Blöd nur, dass ich auf keinen nenner komme, weil ich einfach nichts Konkretes aus der Zeit weiß. Nur Bruchstücke, mit denen kein Mensch was anfangen kann. Toll.
Es klingt jetzt hochgradig anmaßend, aber ich bin fast ein bisschen neidisch auf dich. Weil du etwas einigermaßen handfestes hast, denn es gab diesen Zwillng ja wirklich. Und wie gesagt: Ich bin jetzt schon überzeugt von der These. Da ist mit Sicherheit was dran. Vielleicht ist das nicht unbedingt die Wurzel allen Übels, aber hey, dir wurde im entscheidenen Moment deiner Entwicklung ein Großteil deines Fundaments, deines Ichs, weggerissen. So sehe ich das jedenfalls.
Wiesnich... vielleicht... solltest du deinem Zwilling einen Brief schreiben. So als würde es ihn noch geben. Vielleicht hilft dir das ein bisschen. Einfach deinem fehlendem Ich, das dir durch tragische Umstände abhanden gekommen ist, sagen, was du schon immer sagen wolltest. Vielleicht verrät dir das ein bisschen was über dich selbst.
Ich würde mich sehr freuen, wenn du diesen Brief hier reinstellen würdest. Dann muss ich bestimmt heulen, aber das macht nix ;-) Ich bin sicher, dass du ne Menge zu sagen hättest.
Alles, alles Gute!
Yve
josephine_drake,
Dienstag, 3. Februar 2009, 11:40
Es freut mich wirklich, dass du dir den ganzen Krempel hier immernoch durchliest und dir die Mühe machst dann auch so lange Kommentare zu schreiben. Ich selbst bin ja nicht so wirklich ein großer Kommentarschreiber, aber von dir zu lesen tut immer gut. Es bestehtigt mir außerdem, dass es kein Fehler war, dir von dem Blog zu erzählen ;-) Aus meinem Umfeld weiß ja sonst niemand, dass ich das hier mache.
Die Sache mit dem "Verschwundenen Zwilling" ist ja wirklich erstmal nur reine Vermutung von mir, also dass sich das ein oder andere meiner (doch recht zahlreichen) Probleme zurückführen lässt. Außerdem bin ich in Tränen ausgebrochen, als ich zum ersten mal was von "Vanishing Twin" gehört hatte, was laut einigen Experten aus dem Internet tatsächlich ein Zeichen für etwas tief im Unterbewusstsein verankertes ist. Momentan habe ich eher das Gefühl direkt neben mir zu stehen und das Ganze vollkommen neutral zu beobachten. Trotzdem hab ich auch ein bisschen Angst, dass ich mich in etwas verrenne, nur weil das alles so schön plausibel klingt und ich damit endlich nen Grund gefunden hätte (wo ich doch sshon so lange auf der Suche nach nem Grund bin...). Eigentlich wollte ich heute in der Therapie drüber sprechen, bekam aber grade einen Anruf, dass meine Therapeutin krank ist, sprich der Termin fällt aus. Zur Zeit ist das zum Glück nicht ganz so dramatisch, weils mir momentan recht gut geht und meine These wird in nächster Zeit ja auch nicht wieder verschwinden.
Was deine Idee mit dem Brief angeht, finde ich die eigentlich sehr gut. Ich bin keine besonders gute Briefeschreiberin, aber vielleicht versuche ich es wirklich mal. Ich werd dir auf jeden Fall becsheid geben, wenn etwas in der Richtung zu stande kommt, versprochen!
Die Sache mit dem "Verschwundenen Zwilling" ist ja wirklich erstmal nur reine Vermutung von mir, also dass sich das ein oder andere meiner (doch recht zahlreichen) Probleme zurückführen lässt. Außerdem bin ich in Tränen ausgebrochen, als ich zum ersten mal was von "Vanishing Twin" gehört hatte, was laut einigen Experten aus dem Internet tatsächlich ein Zeichen für etwas tief im Unterbewusstsein verankertes ist. Momentan habe ich eher das Gefühl direkt neben mir zu stehen und das Ganze vollkommen neutral zu beobachten. Trotzdem hab ich auch ein bisschen Angst, dass ich mich in etwas verrenne, nur weil das alles so schön plausibel klingt und ich damit endlich nen Grund gefunden hätte (wo ich doch sshon so lange auf der Suche nach nem Grund bin...). Eigentlich wollte ich heute in der Therapie drüber sprechen, bekam aber grade einen Anruf, dass meine Therapeutin krank ist, sprich der Termin fällt aus. Zur Zeit ist das zum Glück nicht ganz so dramatisch, weils mir momentan recht gut geht und meine These wird in nächster Zeit ja auch nicht wieder verschwinden.
Was deine Idee mit dem Brief angeht, finde ich die eigentlich sehr gut. Ich bin keine besonders gute Briefeschreiberin, aber vielleicht versuche ich es wirklich mal. Ich werd dir auf jeden Fall becsheid geben, wenn etwas in der Richtung zu stande kommt, versprochen!