Dark side - Verlaufen im Gedankengang
Talfahrt
Momentan fühle ich mich, als hätte ich nen riesen Fehler gemacht...
Weiß auch nicht, ist mal wieder ganz schlimm. Am liebsten würde ich mich einfach in meinem Bett verkriechen und nicht mehr hervorkommen.
Jeden Tag muss ich mich auf der Arbeit zusammenreißen, dass ich nicht einfach grundlos losflenne. Sonst halten mich ja gleich wieder alle für Irre. Dabei bin ich ja extra dahingezogen, wo mich keiner kennt, damit ich nochmal von vorne beginnen kann...

Ich will da morgen nicht hin... aber verdrehte Gehirnwindungen sind halt kein Grund für nen gelben Zettel, und ohne gelben Zettel darf ich nicht fehlen.

... und meine Hände sehen auch mal wieder aus, als hätte ich sie mit kochendem Wasser übergossen. Leuchtend rot, tun weh und die Haut reißt bei jeder Bewegung auf (ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass mein Seelenleben mal wieder auf Talfahrt ist).

Bin so müde...

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jeque, Dienstag, 3. November 2009, 13:04
Äh... falsch. "Verdrehte Gehirnwindungen" sind sehr wohl ein Grund für nen gelben Schein.
Ich weiß, ich weiß, du siehst das im Grunde genauso wie ich, "Mir fehlt nix, ich bin ja nicht wirklich krank, ich bin bloß wieder mal total bescheuert und stelle mich an wie der erste Mensch", das ist halt das ewige Problem, mit dem sich Leute mit ner kleinen Meise unterm Pony bis in alle Ewigkeit rumschlagen müssen.
Ist ja nix greifbares, kein Fieber oder so was in der Richtung.
Trotzdem geht´s dir gerade ziemlich schlecht.
Und dein Körper reagiert auch schon. Was ziemlich eindeutig ist, denn du arbeitest ja nicht wirklich mit den Händen (außer am PC oder mit nem Stift, vermute ich jetzt, hätte ich das Problem, würde ich´s einfach auf ne allergische Reaktion auf unsere Desinfektionsmittel schieben, aber mit so was kommste wohl eher selten in Kontakt, wo soll die Geschichte also ihren Ursprung haben, wenn nicht vom kaputten Innenleben?).
Ganz ehrlich, geh zum Arzt und lass dich ne Weile krank schreiben. Natürlich hat man immer ein schlechtes Gewissen den Kollegen und dem Boss gegenüber - aber wie weit willst du´s noch kommen lassen? Willste irgendwann mit Verbänden an den Händen rumlaufen und tatsächlich einen stundenlangen Weinkrampf riskieren?
10-15% aller Depressionen enden tödlich. Das ist gewaltig viel. Ich weiß, dass du dir nicht das Leben nehmen würdest, aber du solltest dir vor Augen führen, wie enorm der Leidensdruck ist, besonders wenn man sich zu sehr schämt sich Hilfe zu holen oder gar am Ende sich selbst von der ganzen Scheiße zu befreien. Hinzu kommt dann natürlich auch noch das ewig schlechte Gewissen, an keiner "richtigen" Krankheit zu leiden, die ihr übriges dazu tut. Aber gerade du solltest es besser wissen. Die Sache hat Geschichte in deiner Familie. Deiner Tante hat´s das Leben gekostet, und deiner Schwester indirekt auch. Nimm die Sache ernst!! Du bist krank und kannst nix dafür!
Wäge ab. Beiße weiterhin bis weit über die Schmerzgrenze hinaus die Zähne zusammen und riskiere einen Totalzusammenbruch -
oder höre auf deinen Körper, dein Empfinden und gönne dir ne Verschnaufspause. Die haste nämlich bitter nötig. Wann hast du in den letzten paar Wochen/Monaten einfach mal ein/zwei Tage lang einfach nichts gemacht? Na? Ich bin sicher, dass du nonstop auf Achse gewesen bist. Daran haben sogar "normale" leute ordentlich zu knapsen.
Geh zum Doc und lass dich krankschreiben! Los! Aufi! Alarmstufe dunkelgelb!

Fühl dich gedrückt!
*knuddel*
Yve

jeque, Dienstag, 3. November 2009, 13:35
Ah ja:
Und mach dir keinen Kopp drum, dass dir der Doc nen Vogel zeigen könnte. Ich war bisher bei wirklich so gut wie jedem Arzt in Flensburg, und jeder hat die Sache sogar noch dramatischer gesehen als ich selbst, obwohl ich anfangs immer gedacht hatte, dass die mich auslachen und wieder wegschicken. Meistens brauchte ich nicht mal mehr sagen als "Ich weiß nicht, keine Ahnung, ich kann nicht mehr", und schon haben sie mir neben ner sofortigen Krankschreibung ne Einweisung in die Hand gedrückt, obwohl ich letzteres zu dem Zeitpunkt nicht mal in betracht gezogen hatte, ich war immer total von den Socken und hab mich gefragt, was für einen irren Eindruck ich wohl gerade gemacht habe.
Für den Fall, dass dir das auch passieren sollte, das mit der Einweisung jetzt:
Nimm das Angebot an. Du hast nix zu verlieren, von ein bisschen Tränenflüssigkeit mal abgesehen. So´n Klinikaufenthalt ist ne wunderbar moderierte Auszeit. Du kannst dich endlich nur auf dich selbst konzentrieren und wirst verstanden, und am Ende verstehst du dich vielleicht im Laufe der Zeit ein bisschen besser und bekommst den Kopf frei für die Dinge, die du in Angriff nehmen willst. Die Leute helfen dir dabei. Gucken, was dir wichtig ist, schieben dich auf den richtigen Weg. Den du dann natürlich allein weiter gehen musst, aber so´n bisschen Pause und Starthilfe ist bei uns "emotionalen Kopfleuten" manchmal wirklich Gold wert.
Du brauchst keine Angst zu haben.
90% aller Leute, die in solchen Kliniken landen, sind wie du und ich. Ist echt zum totlachen. Alle kommen da an und schämen sich erstma in Grund und Boden, weil ihnen ja angeblich überhaupt nix fehlt. Aber irgendwann kapieren sie und fangen an, die Klinik für sich zu nutzen, und alle sind am Ende immer ziemlich froh, doch in so einer Einrichtung gelandet zu sein.
Ich weiß, du hörst/ liest es nicht gerne, wenn ich dir wieder mit "Geh doch mal in ne Klinik" komme... du solltest mir "altem Hasen" aber ruhig vertrauen. Ich hab unheimlich viele Leute mit deinen Problematiken in solchen Häusern kennenlernen dürfen, und ich vermute ganz stark, dass dir schon ein einziger Aufenthalt dort enorm weiterhelfen würde. Muss ja nicht so enden wie bei mir, mit ner Prognose auf ca. jährlich einen Aufenthalt. Was auch nicht soooo schlimm ist, wie´s klingt. Immerhin nimmt man immer irgendwas brauchbares mit und lernt echt tolle Leute kennen. Normale Leute! Endlich normale leute, die einen genau verstehen! das ist toll! Und darum solltest du dir so was, wenn ein Doc dir das anbietet, nicht entgehen lassen.
Immerhin geht´s nicht um irgendwelche dummen kleinen Macken, die beseitigt werden sollen, sondern um dein Leben. Du kämpfst ums Überleben, Schatz. Das hast du schon immer getan. Und überlebt. Ganz von allein. Das ist wirklich bewundernswert (jetzt sagst du "Nö, normal, selbstverständlich!", ich weiß ;-) ).
Aber irgendwann solltest du erkennen, dass der Mensch ein soziales Tier ist und ganz allein einfach auf Dauer nicht überleben kann.
Der größte aller Schritte, ob bei Krebskranken, Süchtigen oder "uns" ist immer der Moment, in dem man erkennt, dass man um Hilfe bitten muss.
Und dass das keinesfalls ein Zeichen von Schwäche ist. Gehört enorm viel Mut zu, sich und anderen das einzugestehen.
Und Menschen helfen gerne! Wirklich, im Grunde ihrer Seele ist die Menschheit zwar nicht die Bohne perfekt, aber total in Ordnung. Soziale Tiere eben, die unheimlich gern helfen. Es macht sie glücklich, und am Ende wird´s dich auch glücklich machen, weil sie dir Kraft geben, die du wiederum für andere Leute einsetzen kannst.
Ich schreibe mir immerhin nicht die Finger fransig, weil du MIR so überhaupt nix zu bieten hast. Hast du! Mein lieber Scholli, hast du!
Aber jetzt guck bitte mal nach dir selbst. Das musst du dir wert sein. Und ich würde es dir sooo sehr wünschen.

*nochmaknuddel*
Yve